Samstag, Oktober 30, 2004

Chanchamayo

Ich hab vier Tage frei und das muss man doch nutzen. Also fahre ich mit Jose Luis und Lisa nach La Marced in Chanchamayo. Chanchamayo ist der Anfang vom Jungel. Hier beginnt der Amazonas. Es erinnert mich doch von allem was ich bisher hier gesehen hab am meisten an Deutschland. Die Berge sind nicht ganz so riesig, wenn auch größer, es gibt richtige Wolken und auch Sonne, es regnet kurz aber heftig und es ist grün. Die Vegetation ist einmalig! Urplötzlich verschwindet die Wüste und es wächst undurchdringlich.
Chanchamayo heißt die Region, Selva Alta die Vegetation, und La Merced ist eine der größeren Städte. Bis hierhin gibts immerhin auch noch gute Straßen und so kommt man noch mit höherem Komfort angereist. Ich hab mich am Anfang, bevor es das erste Mal geregnet hat, gefragt woher das ganze Wasser kommt. Der Rio Chanchamayo ist beachtlich, aber sicher kein Vergleich zu dem was später folgt, und es gibt unendlich viele Wasserfälle. Man konnte sich hier in ein Boot setzen und bis zum Atlantik fahren. Das würde aber sicher einen Monat dauern und ein ganz beachtliches Abenteuer werden. Wir werden uns einfach von der StadtWüste erholen und ein bisschen wandern. Als ich im plaza auf Lisa und Jose Luis gewartet hab bin ich mal wieder zum Fotoobjekt einer reisenden Schulklasse geworden. Das kommt schon mal vor wenn man so anders aussieht. Obwohl ich ja finde, dass ich doch immer noch ganz normal aussehe.
Den gestrigen Tag hab ich knapp überlebt. Wir sind nach Yurinaki gefahren und haben die Wasserfälle Bayoz und Velo de la Novia besucht. Bayoz hat mich, nachdem wir uns so schon gemütlich gebadet hatten, einfach weggespult und ich bin ein paar Meter weiter unten wieder aufgetaucht. Is nich viel passiert bis auf ein aufgeschürftes Knie, aber ich hab ja auch Glück gehabt. Letzte Woche hats da schon den dritten in diesem Jahr fatal erwischt. Bayoz war sehr schön zum baden, Velo de la Novia ist wesentlich größer. 60m soll er sein und stürzt in ein beachtlich steiles und schmales Tal. Die Gegend ist einmalig. Obwohl es schon alles bedrohlich steil, steinig und schroff ist hat es doch einen sanften Charme. Wir sind dann etwa eine Stunde nach Yurinaki zurückgewandert.

Heute waren wir recht geschafft und haben erstmal ausgeschlafen und im Markt gefrühstückt, jugo surtillo wie es sich gehört. Mototaxitag würd ich den heutigen Tag mal taufen. Wir sind mit Santo und seinem Mototaxi rumgekurvt. Die Mototaxis sind wahrscheinlich bekannter aus Indien, haben drei Räder und funktionieren wie eine Vespa. Wir haben die comunidad nativa Ashaninka besucht. Klar, das is schon sehr tourimäßig aufgezogen, aber ich hab ich eine Weile mit dem Chefhäuptling unterhalten und das gibt dem Besuch doch mehr Sinn als nur ein Armband zu kaufen. Dann waren wie zum Ausruhen im botanischen Garten Pezoso. Es gibt hier eine Unmenge Pflanzen und ich kenn gar nix davon. Außerdem züchten die Schnecken und wir haben typisches de la selva gegessen, Schnecken Ceviche und eine Art Wildschwein. Ceviche schmeckt doch immer gleich, hauptsächlich nach Zwiebel und Zitrone. Peruanisches Essen ohne Zwiebeln, Zitrone, Reis, Hünchen und InkaKola ist undenkbar.

Freitag, Oktober 29, 2004

Ilmenau

Ich habe Nachricht erhalten, dass ihr Verbliebenen eurer letzten Zufluchtsstätte beraubt worden seid. Das Gespenst hing ja schon seid dem Frühjahr in der Luft. Jetzt ist die Zentrale dicht! Jetzt bin ich schon so weit weg, aber das hinterlässt doch einen ganz bitteren Geschmack. Besonders wenn ich da auf meinen ZentraleAufkleber aufm Notebook gucke. UntermDurchschnitt is auch weggezogen und nen Film macht ihr im Moment ja auch nich. Aber was macht ihr denn? Was geht in Ilmenau?
Ich weiß gar nicht so genau, ob ich da Lust habe wieder nach Ilmenau zu ziehen. Ich glaub Praktikum werd ich nahstes Semester nich machen. Da komm ich hier einfach nicht dazu mich drum zu kümmern.
Hier wird es langsam warmer. Kommt nach Peru oder erzählt mal was aus Ilmenau!

Montag, Oktober 25, 2004

Punta Hermosa

Ich hab ein recht erholsames Wochenende verbracht.
Freitagabend haben Therese und Katja gekocht. Wie immer haben wir dann gewartet bis das Essen kalt war und endlich alle zum essen angekommen waren. Irgendwie hat sich das dann zu einer kleinen Feier entwickelt und es hat gedauert bis dann doch noch alle ausgegangen sind. Ich habs dann gar nicht gemerkt, aber Katja hat wohl irgendwann im Verlaufe der Nacht in unserem Badezimmer geschlafen. Wir haben im Bad übrigens einen ähnlich grünen Kunstrasen wie die K4 und der scheint Katja gefallen zu haben.
Sonntag sind wir an den Strand gefahren. Punta Hermosa ist wirklich ein Superstrand mit allem was man sich so vorstellt. Eine schöne Bucht, ruhig, mit feinem Sand, einer Menge Wellen und Surfer. Das ist dann ganz entspannt verlaufen. Auf jeden Fall war das der erste so richtig typische Strandtag.
Kennt irgendwer in Deutschland Lúcuma? Lúcuma ist eine peruanische Frucht und die Peruaner sind ganz stolz drauf. In echt hab ich zwar noch keine Lúcuma gesehen, aber als Eis gibts das überall.

Freitag, Oktober 22, 2004

Examenes despues

Vorbei! Ich hab alle Examen fertig geschrieben. Dh ja eigentlich, dass ich mich etwas erholen sollte dieses Wochenende, aber bisher ist noch nichts sicher geplant. Wie das immer so ist. Is ja auch noch viel zu früh. Ich hab noch nicht aufgegeben. Vielleicht fahr ich ja doch noch nach Marcahausi oder ich lese.
Wir haben einen Riesen Berg Recherche für den finalen Dokumentarfilm zu machen. Er wird über El Frónton handeln. El Frónton war eine Gefängnisinsel vor der Küste von Lima wo in den achtziger Jahren hauptsächlich Terrorristen eingesessen haben. Im Juni 1986 gab es einen Gefängnisaufstand und unter dem damaligen Präsidenten Garcia, der auch gerne noch einmal wieder gewählt werden möchte, wurde El Frónton damals kurz und klein gebombt. Von den Gefangenen hat das kaum jemand überlebt. Das schein schon ein super Thema zu sein. Nur ich weiß noch viel zu wenig drüber und vieles ist auch sehr suspekt.

Sonntag, Oktober 17, 2004

Regen & Fußball

Ich wollt mal sagen, dass es noch kein Mal in den zwei Monaten geregnet hat.
Gut, garúa gibts, aber das is ja was anderes.
Ich glaub übrigens nich, dass Peru nach Deutschland zur Fußball WM kommen wird. Gegen Argentinien darf man schon verlieren, aber auch gegen Bolivien zu verlieren und ein Unentschieden gegen Paraguay. Das wird glaub nix.
Dafür kennen die Peruaner die Bundesliga besser als ich. Hier gucken echt viele deutschen Fußball. Ich muss dann immer sagen von welchem Club ich Fan bin oder wo ich in der Nähe wohne. Fußball ist kommunikativ und Pizarro spielt bei Bayern München.

Examenes antes

In Deutschland hat das Semester angefangen und ich schreib diese Woche Examen. Dann ist das halbe Semester in Lima schon vorbei. Wie die Zeit vergeht!
Die Woche drauf ist dann "Semana de la Ingeneria" und das wird jede Menge feiern bedeuten. Damit motivieren sich alle zum lernen.
Ich hab dieses Wochenende zwei neue Locations in Lima gefunden. Freitag war ich mit Jade und Gabriel im Etnias auf einem Reggae Konzert. Es war richtig gut, auch wenn drei von fünf Bands Bob Marley Coverbands waren.
Und gestern war ich dann endlich mal in einer vernünftigen Bar in Barranco, dem Mochileros. Die Musikmischung war unglaublich. Die haben einfach alles gespielt, Hardrock, House, RocknRoll, HioHop, Trance, ? und alles an einem Stück. War schon extrem.

Mittwoch, Oktober 13, 2004

Kölsch

Gestern war die Präsentation der zweiten Übung Realización Documental. Wir waren diesmal besser als beim ersten Mal. Ich hab ja lange gebraucht bis ich verstanden hab was Javier da mit seinem "movimiento quieto" wollte. Es ist ein guter reflexiver Dokumentarfilm über das Wesen des Kinos geworden. Ich denke von allen der reflexivste.
Lee hat gesagt, dass es eine Bar mit Kölsch gibt. Das hab ich natürlich nicht geglaubt und deshalb sind wir hingegangen. Also cerca del ovalo Gutierrez ist die Bar Colon und da gibt?s wirklich Kölsch, das die angeblich selber machen. Völlig stillos wird das in riesen Kübeln serviert und so ganz überzeugt hats mich nicht. Trotzdem ist es ja irgendwie bewundernswert, weil man in Deutschland schon immer Schwierigkeiten hat Kölsch zu finden.
Schon fast standardmäßig waren wir noch im JazzZone und anschließend beim Sandwich Miguel. Also die Jungs vom LatinJazz bei der Dienstagssession sind echt der Hammer.

Montag, Oktober 11, 2004

Trujillo, Huanchaco

Freitagmorgen bin ich also total unausgeschlafen von der Woche und von Molotov mit Tatiana nach Trujillo gefahren. Die renommierte Busgesellschaft Ormeño hat für die ersten 150km vier Stunden gebraucht und dann war der Bus kaputt. Weil wir mit denen sicher nicht mehr angekommen wären sind wir umgestiegen und per Kombi, Taxi, Bus und Bus weitergefahren. Ohne dieses Abenteuer hätte ich Haura und Barranca sicher nie kennen gelernt.
Trujillo ist die zweitgrößte Stadt Perus, aber trotzdem klein und verschlafen im Vergleich mit Lima. Das ist ja nicht schlecht gemeint, denn es ist nett in Trujillo mit den Kolonialhäusern, alles ist etwas kleiner und bunter als in Lima. In der Stadt gibt?s nicht so viel zu sehen, aber rundherum.
Der Moche, ein Fluss, ist eine der Geburtsstätten der peruanischen Kultur. Von den Moche gibt es die Huaca de la Luna y Huaca de la Sol. Huaca de la Luna ist schon sehr gut freigebuddelt und konserviert. Wie alle hunderttausend Huacas ist das eine Stufenpyramide aus Lehmziegel, aber mit einer Menge Bemalungen. Es war ein Tempel und wenn die Ernten mal nicht so gut waren haben die Moche Menschen geopfert. Die beiden Dorfstärksten haben gegeneinander gekämpft und der Verlierer wurde geköpft. Dann hat der Priester sein Blut getrunken. Huaca de la Sol wartet noch darauf erforscht zu werden und ist einer der vielen Sandberge in Peru.
Die zweite und spätere Kultur waren die Chimú. Direkt neben Trujillo liegen die Ruinen von ChanChan. ChanChan war eine Stadt mit 60000 Einwohnern und entsprechend groß ist das Gelände. Ein paar Mauerreste gibts überall, aber wirklich sehenswert ist der Tempel Tschudi. Tschudi ist auch am besten restauriert. Lehmbauten sind ja nicht das widerstandsfähigste, aber da es in Peru praktisch nicht regnet ist doch noch etwas übrig geblieben. In Tschudi gibt?s die bekannten Reliefs, und zB zwei große Plätze und Reste von Vorratsspeicher. ChanChan heißt SonneSonne und viel Sonne gabs auch wirklich. Ich glaub ich hatte nen kleinen Sonnenstich.
Um den relaxten Teil des Wochenendes zu verbringen und an den Strand zu gehen sind wir nach Huanchaco gefahren, der Stadt der caballietos. Huanchaco ist der Ausflugsort schlechthin von Trujillo und ein Surferdorf noch dazu. In Huanchaco kann man definitiv eine ruhige Zeit verbringen. Ich hab also das erste Mal in meinem Leben gesurft. Ich war gar nicht so schlecht. Bis zu 10 Sekunden bin ich gesurft auf meinem Longboard. Ganz schön anstrengend is die Sache. Ich mach ja auch nicht gerade besonders viel Sport in Lima. Jetzt war ich also auch das erste Mal im Pazifik. Der ist schon ganz toll mit richtig guten Wellen. In Huanchaco haben wir außerdem Lee und Chris getroffen und fenomenale Hamburger gegessen. Und ich hab ein Trujillo Pilsen T-Shirt gewonnen.

Freitag, Oktober 08, 2004

Molotov

Wir haben heute wieder den ganz Tag für den Dokumentarfilm gedreht. Wir sind extra zur Universidad de Lima gefahren, um dort einen 16mm Filmschnitttisch zu drehen. Irgendwie schon ganz genial son Gerät. Die Lima ist auch eine ganz schön große Uni. Ich glaub größer als die Catolica. Wenn die Lima einem mit ihren Hochhäusern wie eine Stadt vorkommt, dann ist die Catolica mit ihren vielen Gärten ein Dorf und auf jeden Fall schöner.
Molotov war in Lima. Wenn man schon in Südamerika ist muss man das natürlich sehen und das hat sich auch gelohnt. Nur komisch ist das mit den Eintritten hier. Da gabs General (40 Sol) und VIP (90 Sol). Das ganze vordere Drittel war also für VIP abgesperrt. Ganz generell war ich auch noch nie auf einem Punkkonzert mit so viel schick angezogenen Leuten und Anzügen. Der hintere Teil war auf jeden Fall die bessere Wahl, denn vorne gabs gar kein vernünftiges Moshpad. Molotov war schon de Puto Madre. Ich hab mich aber geärgert, dass ich zum zweiten Mal Turbopotamos verpasst hab. Die sind aus Lima und ich will die doch mal sehen, weil sie mir von den peruanischen Bands bisher eindeutig am besten gefallen. Aber wenn die auch so früh spielen. Wer rechnet denn schon damit, dass die hier um 8 Uhr anfangen.

Montag, Oktober 04, 2004

Chorrillos

Wir sind heute nach Chorrillos gefahren. Dh wir sind in einem der ärmsten Stadtteile von Lima gewesen und haben dort mit einem Haufen von Kindern Hausaufgaben gemacht und gespielt. Auf jeden Fall sind die schneller im Kopfrechnen als ich. Ein paar vom Intercambio sind schon öfter hingefahren und es ist auch eine schöne und interessante Sache. So kann man für ein paar Stunden mal über den Graben springen und brauch nicht nur über Armut reden, sondern kann ganz einfach auch helfen. Man sieht erstmal die ewig weiten Stadtteile nicht aus dem Bus und wie die Mehrheit der 8 Millionen in Lima lebt. Es ist total unproblematisch. Klar, Kinder zwischen 6 und 12 Jahren sind ja auch noch nicht voreingenommen. Ich glaub das sind die besten Erfahrungen, die wir hier machen können. Wir wurden auch gleich noch zum essen eingeladen.
Wir, also mein Haus, haben es nach vier Wochen auch endlich zum gemeinsamen Essen geschafft und superlecker Ceviche, Tacu Tacu und Fisch in Barranco gegessen.

Pachacamac

Na gut, bleib ich letztendlich doch in Lima dieses Wochenende. Es gibt ja auch noch genug zu tun hier. Erstmal hab ich wieder viel zu lange geschlafen, aber dann bin ich mit Allison noch nach Pachacamac gefahren. Ich hab zwar noch nicht Chan Chan und Machu Pichu gesehen, aber Pachacamac fand ich schon beeindruckend. Es sind natürlich nur ein paar Mauern, die man sieht aber man muss sich vorstellen, dass es hier schon vor 2000 Jahren hochentwickelte Kulturen gab; la cultura Lima, Ichmay, Wari und Inca. Peru kommt mir immer mehr als Schlaraffenland für Archäologen und Anthropologen vor. An jeder Ecke una Huaca und mit Sicherheit viele unentdeckte Städte und unerbekannte Kulturen.
Ich rate übrigens sich ?Dias de Santiago? anzusehen. Das ist der peruanische Überflieger am Filmhimmel und sahnt grade bei allen Festivals ab. Natürlich kann man diskutieren ob er einem gefällt oder nicht, aber ich glaub, dass er einen guten Eindruck von einer Menge Dinge vermittelt, so wie sie hier sind; die Straße, die Wohnung, die Disko, die Taxis, ? . Mal peruanisches Kino entdecken. Mit soviel Erfolg wird den ja vielleicht auch in Deutschland geben.