Nach einer kurzen Nacht sind ich, Kaja, Wai und Andrea am Samstag um sieben Uhr morgens losgefahren in den Jungel. Wir sind etwa zwei Stunden den Amazonas flussabwärts zum Yanayacu gefahren. Aus Iquitos ist ein Jungelführer Hilton mitgefahren und wir haben am Yanayacu unsere anderen Helfer Juan und David getroffen. Juan wohnt mit seiner Familie, seinen neun Kindern, direkt am Amazonas in einer Hütte aus Holz und Palmenblättern, wie man es sich so richtig von einem typischen Foto vorstellen kann. Alle Indios am Amazonas leben vom Amazonas und ihrer Landwirtschaft, Platano, Yucca und Papaya. Strom und Wasser gibts hier nicht und so waren wir richtig von der Welt abgeschnitten nachdem unser Boot wegfahren war.
Wir sind dann los in den Jungel gelaufen, mit Machete und Gummistiefeln. Ich weiß nicht wie das überstanden hab drei Tage in Gummistiefeln und mit Rucksack durch Wald und Sumpf zu laufen. Die Brücken bestanden im besten Fall aus einem Baumstamm.
Es war richtiger Jungel Jungel. Hilton, Juan und David haben ihre Säcke mit Verpflegung und Wasser geschultert und los gings mit der Machete voran. Nach gut drei Stunden sind wir an unserem Camp angekommen und haben unsere Hängematte und Moskitonetze aufgehängt. Im Jungel ist alles etwas größer und ursprünglicher (deshalb Urwald) als man das so kennt, die Bäume und Pflanzen und Tiere. Es hat dann auch gleich das erste Mal geregnet (deshalb Regenwald). Nach dem Regen und Essen sind wir zur ersten Nachtwanderung losgezogen, um Taranteln zu suchen. Allerdings haben wir wohl wegen dem Regen keine gefunden. Stattdessen sind wir einem Jergon über den Weg gelaufen. El Jergon ist eine Giftschlange und mit guter Wahrscheinlichkeit tödlich. Das hab ich Juan auch gleich geglaubt, nach dem Schrei den er ausgestoßen hat als er die Schlange gesehen hat. Juan und Hilton haben sie im Handumdrehen geköpft und getötet und sie ist am nächsten Mittag in der Suppe gelandet. Nach dem Jergon hat Juan gesagt, dass das genug ist für heute. Er sagt wenn man die ersten 24 Stunden nach dem Biss überlebt dann ist man übern Berg. Immerhin ist er schon mal gebissen worden und hat auch schon eine Malaria überlebt. In allen Fällen sollte man den nächsten Schamanen suchen.
Am nächsten Morgen sind wir eine kleine Runde gelaufen und haben noch größere Bäume gesehen und Wasser aus Lianen getrunken. Ich bin noch nie so zerstochen worden. Die Moskitos sind einfach eine Plage und da hilft rein gar nichts, kein Mückenschutz, kein totschlagen und keine Kleidung. Es sind einfach zu viele und zu tapfere. Ich hab keine Ahnung wie viele hundert und unterschiedliche Arten mich gestochen haben. Der Urwald ist definitiv von Insekten übervölkert.
Wir haben gefrühstückt und sind dann fischen gegangen. Die Fische sind zwar nicht so groß, aber beißen wirklich gut. Wir haben im Handumdrehen über ein Dutzend raus gezogen. Nach dem Fischen sind wir über eine andere Rute zurück zum Haus von Juan gelaufen. Wobei wir uns einmal verloren haben, wie Juan und Hilton später Mal verraten haben. Ich bin trotzdem schwer beeindruckt wie Juan sich hier nur mit der Sonne zurechtfindet. Er sagt aber auch, dass ihn das am meisten Kraft gekostet hat zu lernen. Die längste Tour ist er zwei Wochen im Jungel unterwegs gewesen und das wirklich nur mit Machete. Juan und Hilton kennen sich wirklich gut aus, mit Pflanzen, Tieren, Medizin und dem Überleben im Urwald. Meine bisherigen Wanderungen kommen mir jetzt schon wie Kleinzeugs vor. Am Nachmittag haben wir unsere Fische und die Riesenwasserschnecke, die wir aufm Weg gefunden haben, gegessen.
Diese Nacht haben wir auch mehr Glück und haben unsere Tarantel gefunden.
Montagmorgen haben wir noch mal eine kleine Runde gedreht und dabei eine Menge gesehen, Affen, Vögel und einige Medizinpflanzen. Am bekanntesten ist wohl Uño de Gato. Das hilft fast gegen alles. Dann haben wir auf unser Boot gewartet, das uns abholen sollte und nicht gekommen ist. Wir waren alle ziemlich kaputt und es geht eine kleine Grippe rum. Es war wirklich eine unausstehliche Hitze und wir haben einfach nur noch in den Hängematten gelegen und den Tieren im Hof zugeguckt, Hühner, Papageien, Eidechsen und das Äffchen. Juans Hof ist ein echter Zoo.
Eigentlich sind die Leute hier ja wirklich arm, andererseits ist es wirklich ruhig und friedlich. Ich bin mal wieder im Konflikt mit der romantisierten Armut Südamerikas. Wäre ein Leben mit westlichen Maßstäben für diese Menschen besser? Ist das hier überhaupt möglich? Sie leben ja nicht unzufrieden. Juan ist wirklich ein glücklicher Mann. Keiner von uns hat die ganzen Tage so viel gelacht wie er. Auch wenn er einige Male gerade über uns gelacht hat.
Der Tag ist so richtig chaotisch peruanisch zu Ende gegangen. Unser Boot ist nämlich wirklich nicht gekommen. Ich, Katja und Wai hatten aber unsere Flüge für den Abend gebucht. Ein Telefon gabs auch weit und breit nicht. So sind wir dann los gelaufen zum nächsten Dorf, haben den Amazonas überquert und ein Schnellboot nach Iquitos genommen. Ich bin noch nie in so einer Suppenschüssel mit 13 Mann unterwegs gewesen. Der Motor hat sich zweimal mit irgendwas verheddert und wir wären glaub ich beinah abgesoffen. Im Endeffekt hat Wai ihren Flug trotzdem verpasst. Immerhin bin ich mit Katja und drei Stunden Verspätung in Lima angekommen. Leo und Andrea haben Katja aber mal wieder ausgesperrt und so hat sie einmal mehr bei uns im Casa Verde geschlafen.